SCHIFFSDURCHZUGARBEITSKREIS SCHIFFAHRTS MUSEUM REGENSBURG e.V.
Der Elektrische Schiffsdurchzug
Nur wenige Schritte westlich der Steinernen Brücke befindet sich der Elektrische Schiffsdurchzug.
Seit ihrer Erbauung (1135 - 1146) war die Steinerne Brücke ein gefährliches Hindernis für die Schifffahrt. Die Pfeiler der Brücke stehen auf großen Inseln, die den Durchflussquerschnitt der Donau drastisch verringern.
Durch die baulichen Eingriffe im Flußbett wurde das Wasser vor der Brücke aufgestaut. Der Wasserstand oberhalb der Brücke konnte bis 70 cm höher sein, als unterhalb der Brücke. Die Fließgeschwindigkeit zwischen den Pfeilern konnte bis 15 km/h erreichen. Wodurch unterhalb der Brücke der berühmte und gefährliche Strudel entstehen konnte, von dem das Volkslied singt und der bis 8,5 m tief geht.
Wohl auch um dieses Schifffahrtshindernis zu umschiffen, waren zwei Seitenkanäle angelegt worden. Ursprünglich hatte die Steinerne Brücke 15 Pfeiler und 16 Rundbögen gezählt. Das erste Joch befand sich noch südlich der Uferlinie der Donau und überbrückte den südlichen Seitenkanal, der auch als Regensburgs erster Hafen gelten darf.
Der Schiffsdurchzug damals
Plan des Schiffsdurchzuges
Der nördliche, Stadtamhofer Seitenkanal war einst durch das dortige letzte, heute nur noch zur Hälfte sichtbare Joch geführt gewesen und verlief westlich genau dort, wo heute der Spital- Biergarten sein Bier zapft. Auch er ist schon früh im Zuge von Baumaßnahmen in Bereich des (immer reichstädtischen) Spitals zugeschüttet worden. Nach alten Choniken war am nördlichen Brückenkopf spätestens 1353 (bis 1486) eine große, wohl hölzerne Seilwinde eingesetzt, um damit Schiffe zu Berg durch die Brücke zu ziehen – das sog. Antwerch.
Ähnlich verfuhr man auch am südlichen, altstadtseitigen Brückenkopf. Im Zuge des Baues des Amberger- bzw. des Regensburger Salzstadels 1515 bzw. 1620 war auch der dortige Seitenkanal zugeschüttet und das erste Joch verbaut worden. 1559 wurde deshalb oberhalb der Brücke, am Wiedfang, ebenfalls eine hölzerne Winde installiert – das sog. Ohmwerk. 1610 wurde diese in einen neuerrichten Mauerturm verlegt und war noch lange Zeit im Betrieb.
Mit dem Aufkommen der ersten Dampfschiffe in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde Regensburg zunehmend zum westlichen Kopfhafen der Donauschifffahrt. Zwar hatten diese Schiffe jetzt die Kraft über den Strudel zu fahren, aber vorallem die Raddampfer waren bald zu breit für eine Brückenpassage. Mit der Fertigstellung des Ludwig-Donau- Main-Kanals 1845 (Bamberg-Kelheim) und insbesondere nach dessen Freigabe für (schwach) motorisierte Schiffe zum Ende des Jahrhunderts wurde neuerlich eine Schiffstreidelanlage erforderlich.
Funktionsskizze des Schiffsdurchzuges
Maschinenhaus des Schiffsdurchzuges
Seit 1911 geplant, konnte endlich 1914 eine moderne, elektrisch betriebene Winde in Betrieb genommen werden. Ein Straßenbahnmotor (50 PS), gespeist aus dem Leitungsnetz der Straßenbahn, betrieb eine Seilwinde, die sich ebenfalls noch heute in diesem Gebäude Am Wiedfang 5a befindet.
Seit der alte Ludwig- Donau-Main-Kanal durch Kriegsschäden 1944 nur noch in Teilabschnitten befahrbar war, verlor auch diese Schlepphilfe viel von ihrer früheren Bedeutung und wurde seit den 1950er Jahren kaum noch genutzt. Mit der Einstellung der Regensburger Straßenbahn am 1. Aug. 1964 wurde die Anlage (mangels Gleichstromanschluß) außer Dienst gestellt.
Das Maschinenhaus damals
Für viele Jahre vernachläßigt, betreut der Arbeitskreis Schiffahrtsmuseum Regensburg e.V. seit 1985 diese (weiterhin im städtischen Eigentum stehende) zumindest in Europa wohl einmalige technische Anlage.
Ab 2000 war sie optisch soweit hergerichtet, dass sie im Rahmen von Führungen wieder gezeigt werden konnte. Ab 2009 arbeitete der Verein und eine Gruppe der Hochschule Regensburg daran, die Anlage technisch zu reaktivieren. Nach aufwändiger technischer Renovierung ist die Schiffswinde seit Juli 2012 wieder funktionsfähig.
Mit dem Schleppen eines eigens dafür wieder hergerichteten Schleppkahns am 21. Juli 2012 bewies der Elektrische Schiffsdurchzug an der Steinernen Brücke offiziell wieder seine Fähigkeit, fast 100 Jahre nach seiner ersten Inbetriebnahme.
(Leider kann die elektrische Schiffstreidelanlage nur nach Voranmeldung von Gruppen besichtigt werden).
Kenngröße | Daten |
---|---|
Inbetriebnahme | 15. Juli 1914 |
Hersteller | MAN |
Zugkraft | 5000 kg (50.000 N) |
Zuggeschwindigkeit | 15 m/min |
max. Zuglänge | 270 m |
Seildurchmesser | 22 mm |
Seiltrommeldurchmesser | 650 mm |
Antriebsmotor | Hersteller: Siemens-Schuckert SSW 590428 N Typ GH 250 50 PS bei 850 min−1 |
Spannung | 500 V Gleichspannung |
Getriebe | Schneckengetriebe mit Stirnradübersetzung 1:100 |
Einstellung Regelbetrieb | 17. Januar 1964 |
Wiedereröffnung als technisches Denkmal |
21. Juli 2012 |